Das Adipositaszentrum
Menschen, die unter Adipositas (schwerem Übergewicht) leiden, brauchen oft Unterstützung, um wirkungsvoll und dauerhaft abnehmen zu können. Viele von Ihnen haben schon etliche Diäten hinter sich und kennen die Frustration, wenn der Jojo-Effekt die Bemühungen von Wochen und Monaten wieder zunichte macht. Hier ist eine interdisziplinäre Hilfe notwendig, damit das Problem als chronische Erkrankung verstanden und behandelt werden kann.
Übergewicht als chronische Krankheit
Bei der Adipositas (lat. adeps „Fett“, umgangssprachlich auch als „Fettsucht“ bezeichnet), handelt es sich um eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit mit krankhaften Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Eine Adipositas liegt rein formal ab einem Körpermasseindex (BMI - engl. body mass index) ab 30 kg/m² vor. Dabei werden unterschiedliche Schweregrade eingeteilt:
- Normalgewicht: 18,5-24,9 kg/m²
- Übergewicht (Präadipositas): 25-29,9 kg/m²
- Adipositas Grad I: 30-34,9 kg/m²
- Adipositas Grad II: 35-39,9 kg/m²
- Adipositas Grad III: ≥ 40 kg/m²
Sogenannte „Adipositas-assoziierte Begleiterkrankungen“ wie z. B. Diabetes mellitus, Gelenkbeschwerden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die negativen Folgen des Übergewichts, die ohne Therapie der Grunderkrankung nur unzureichend behandelt sind. Wenn die üblichen Methoden zum Abnehmen wie Diät und Sport nicht mehr funktionieren oder ausreichen, ist Hilfe notwendig.
Konservative Therapiemöglichkeiten
Die nicht-chirurgische Behandlung der Adipositas beinhaltet drei Säulen:
- Bewegungstherapie
- Ernährungstherapie
- Verhaltenstherapie
Wenn diese Optionen jedoch ausgeschöpft sind oder schlichtweg nicht greifen, da das Übergewicht z. B. die Teilnahme im Fitness-Studio oder an Gruppentherapien verhindert, kann oft nur eine Operation helfen.
Adipositaschirurgie
In den letzten Jahrzehnten haben sich verschiedene Eingriffe etabliert, die zu einer Reduktion des Gewichts führen. Verschiedene Studien konnten dabei nachweisen, dass eine sogenannte „bariatrische Operation“ der konservativen Therapie überlegen ist. Allerdings ist es wichtig zu verstehen, dass die Adipositas eine chronische Erkrankung ist und ein nachhaltiger Erfolg nur dann eintritt, wenn auch die Lebensgewohnheiten geändert werden. Eine Operation kann ein Impulsgeber verstanden werden, um die überschüssigen Kilos in den ersten 1-2 Jahren deutlich zu reduzieren. Trotzdem muss ein Umlernen und Krankheitsverständnis von Seiten der Betroffenen stattfinden, damit das Gewicht dauerhaft reduziert wird.
Da sich im Zuge des Gewichtsverlustes auch oft die Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus therapieren lassen, spricht man immer häufiger auch von „metabolischer Chirurgie“. Weil eine Operation aber immer auch Risiken birgt müssen diese verstanden und kein Allheilmittel erwartet werden.
Unser Leistungsspektrum
Fast alle Eingriffe werden minimalinvasiv, das heißt über die sogenannte „Schlüsselloch-Chirurgie“ durchgeführt. Dies verschafft weniger Wundheilungsstörungen, Schmerzen, Narbenbrüche, Krankheitsdauer und andere Komplikationen. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist der Umstieg auf ein offen-chirurgisches Verfahren notwendig. Es ist uns aber wichtig, dass wir auch diese Fälle beherrschen und ggf. im Anschluss auf einer interdisziplinären Intensivstation behandeln können, damit wir eine maximale Patient*innensicherheit gewährleisten.
Um jedoch eine Kostenübernahme von der Krankenkasse zu bekommen, muss der Nachweis eines fehlgeschlagenen konservativen Therapieversuchs für mindestens sechs Monate erfolgen. Führt das „multimodale“ Therapiekonzept nicht zu einer dauerhaften Gewichtsreduktion von mindestens 10 Prozent des Körpergewichts, kann ein Antrag bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Unsere Leistungen
Bei der Bildung eines Schlauchmagens wird der größte Teil des Magens entfernt, übrig bleibt ein kleiner Schlauch mit wenig Füllvolumen. Es kommt zu einem schnelleren Sättigungsgefühl; die Anatomie des restlichen Verdauungstraktes bleibt erhalten.
Auch hier wird der die Nahrung aufnehmende Magen verkleinert. Gleichzeitig wird eine Umleitung zu einer tiefer gelegenen Dünndarmschlinge geschaffen. Somit kann weniger gegessen und gleichzeitig auch weniger verdaut werden, da auch die Resorptionsfläche des Dünndarms fehlt und der Nahrung weniger Stoffe entzogen werden können. Allerdings ist die Anatomie des Verdauungstraktes verändert.
Das Prinzip des verstellbaren Magenbands besteht darin, das Füllvolumen des Magens mit Hilfe eines Silikonbands, das um den Magen gelegt wird, so weit zu reduzieren, dass schon nach wenigen Bissen ein Sättigungsgefühl eintritt. Diese vor etwa zehn Jahren sehr populäre und chirurgisch einfache Methode wird jedoch kaum noch angewandt, da Langzeitverläufe gezeigt haben, dass das im Körper liegende Fremdmaterial auf Dauer Probleme bereitet und Folgeoperationen nach sich ziehen kann.
Es gibt eine Reihe anderer aber seltenerer Eingriffe, die nur in Ausnahmefällen angewandt werden. In unserer Sprechstunde finden wir mit Ihnen die für Sie passende Option.
Adipositas-Sprechstunde
Wir sind stets bemüht, die Behandlung für Sie immer weiter zu verbessern. Deshalb betreibt die Deutsche Gesellschaft für Allgemein‐ und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV) seit Jahren das Studien‐, Dokumentations‐ und Qualitätszentrum (StuDoQ) zur Förderung medizinischer Qualität und Forschung. In diesem Rahmen wird auch für die Erkrankung der Adipositas ein sogenanntes StuDoQ‐Register geführt. In diesen Registern (Datenbanken) werden Daten in Verbindung mit der Behandlung der teilnehmenden Patient*innen ausschließlich zu medizinischen Zwecken erfasst. So lässt sich die Wirkung einer Adipositasbehandlung nicht nur in einer Veränderung des Körpergewichtes bemessen. Wenn Sie den Fragebogen auch in Ihrer Nachsorge ausfüllen, kann dieser helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen, aber vor allem auch Erfolge messbar zu machen.
Sollten Sie nicht am StuDoQ‐Register teilnehmen wollen, bitten wir Sie dennoch den Anamnesebogen auszufüllen, damit wir diesen in unserem Erstgespräch gemeinsam besprechen können.
Bei der Erstvorstellung möchten wir soviel wie möglich über Sie erfahren. Es hilft, wenn Sie folgende Unterlagen mitbringen:
- Anamnesebogen bei Erstvorstellung
- Fragebogen zum Sodbrennen / Reflux (RSI)
- Fragebogen zur Ernährungsgewohnheit
- einen Medikamentenplan
- Arztbriefe und Berichte von Voraufenthalten aus anderen Kliniken/ Reha-Einrichtungen
- ggf. Ernährungs- und Bewegungstagebuch
- ggf. Bescheinigung über die Durchführung einer professionellen Ernährungsberatung
- ggf. Bescheinigung über die aktive Mitgliedschaft in einem Sportverein
Sprechstunde, prästationär
Adipositas-Sprechstunde
Martin Luther Krankenhaus - Caspar-Theyß-Straße 27-31, 14193 Berlin
Wir begleiten Sie auf Ihrem Weg und möchten Ihnen helfen, Ihr Gewicht langfristig zu verringern. Wir beraten Sie interdisziplinär und in Kooperation mit niedergelassenen Kolleg*innen. Gemeinsam erstellen wir einen individuellen Behandlungsplan und unterstützen Sie beim Ausfüllen von Anträgen für die Krankenkasse. Auch nach einer Operation sind Sie für Nachsorgetermine bei uns willkommen.
Terminvereinbarung
Termine
Nur nach telefonischer Vereinbarung
Für Sie zum Download
Anamnesebogen bei Erstvorstellungpdf · 183 KB
Zusatzfragebogen: Sodbrennen & Reflux…pdf · 81 KB
Fragebogen zur Ernährungsgewohnheitpdf · 86 KB
Dokument: Hinweis zum Datenschutz StuDoQpdf · 238 KB
Selbsthilfegruppe
Erfahrungen austauschen, sich gegenseitig unterstützen
Gern möchten wir Sie auf die Adipositas-Selbsthilfegruppe unter Leitung von Erika Patzer aufmerksam machen. Die Gruppe richtet sich in erster Linie an alle, die im Martin Luther Krankenhaus betreut werden, aber auch andere Adipositas-Betroffene sind herzlich willkommen. Alle Interessierten sind eingeladen, unabhängig ob sie konservativ abnehmen, eine bariatrische Operation anstreben oder diese bereits hinter sich haben. Ziel ist es, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Bei Interesse kontaktieren Sie bitte Erika Patzer:
Telefon 0171 312 37 95
shg-martin-luther-krankenhaus(at)web.de
Mehr dazu: Facebook-Gruppe: „Adipositas Selbsthilfe“
Adipositas Selbsthilfe Sportgruppe
Gemeinsam mit Freude das eigene Körpergefühl stärken
In der Trainingsgruppe wird bewegungsarmen, übergewichtigen Menschen der Spaß an mehr Bewegung und Sport, ohne Leistungsdruck, vermittelt. Da alle Teilnehmer*innen gewisse Schwächen aufweisen, gibt es keine Außenseiter, nur Gleichgesinnte, die zusammen ihre Erfolge feiern und sich gegenseitig motivieren. Somit stellen sich Erfolgserlebnisse leichter ein, welche wiederum die notwendigen Verhaltensänderungen auslösen. Ausdauer, Koordination, Kraft und Beweglichkeit werden verbessert und das eigene Körpergefühl wird geschult.
Kurszeiten:
- Dienstags, 19:00-20:30 Uhr: Bewegungssport
- Freitags, 19:00-20:30 Uhr: Nordic Walking Lauftraining
Ca. 45 bis 60 Minuten Sport, die restliche Zeit wird genutzt, um Verbesserungsvorschläge zu besprechen und eigene Ansätze zu integrieren.
Ort:
In den Räumlichkeiten des Martin Luther Krankenhauses
Kontakt und Anmeldung:
Torsten Herzog
Leiter Adipositas Selbsthilfe Sportgruppe
adipositassportgruppeberlin(at)gmx.de
Der Kurs ist kostenlos.
Weitere Informationen finden Sie in folgendem Vorstellungsvideo.