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Johannesstift Diakonie
Einmal um die Glaubenswelt

Einmal um die Glaubenswelt

Wer sagt, Religion sei trocken? In der Aula der „Schule ohne Grenzen“, auf dem Gelände des Evangelischen Johannesstifts, in Berlin-Spandau wird sie zum Abenteuer. „Weltreligionen“ ist ein Projekt der Kampagne „Kinder beflügeln“ der Johannesstift Diakonie – organisiert mit Unterstützung der Karl Schlecht Stiftung.

Schüler*innen sitzen in einem Klassenraum an mehreren Tischen
Datum2025-07-21

Statt Mathe und Deutsch stehen an diesem Tag Buddha, Bibel und Co. auf dem Stundenplan. Fünf Tische, bunt geschmückt mit Symbolen und Gegenständen aus aller Welt, laden zur Entdeckungsreise ein. An jedem Tisch wartet ein Religionsprofi darauf, die neugierigen Fragen der Kinder zu beantworten.

Die Fünftklässler*innen der Peter-Härtling-Grundschule gehen beim Speeddating der besonderen Art in Zweiergruppen von Tisch zu Tisch und tauchen für kurze Zeit in verschiedene Glaubenswelten ein. Sie sprechen mit Expert*innen, bestaunen fremde Rituale und erfahren, was Menschen in fernen Ländern und gleich nebenan glauben.

Eine Woche lang entdecken die Kinder in Workshops, wie vielfältig Religion sein kann. Zum Abschluss schlüpfen sie selbst in Rollen und lassen in eindrucksvollen „lebenden Bildern“, sogenannten Tableaux Vivants, ihre neuen Erkenntnisse lebendig werden.

Kinder spielen vor einer Weltkarte auf einer Bühne

Wissen aus erster Hand

Am Tisch des Judentums sitzen Milan und David und befragen die Expertin Rina Otterbach. Milan ist 12 Jahre alt und stünde im Judentum kurz vor seiner Bar Mizwa. Eine wichtige Zeremonie, bei der Jungen mit 13 und Mädchen mit 12 Jahren im religiösen Sinne als volljährig gelten. Bei den Mädchen heißt das Ritual Bat Mizwa. „Ab dann sind die Heranwachsenden verantwortlich dafür, die jüdischen Gesetze einzuhalten“, erklärt Otterbach. Milan nickt – beeindruckt von der Bedeutung dieses Übergangrituals.

Nach zehn Minuten ertönt eine Glocke und die Schüler*innen wechseln die Tische. Sie nutzen die Zeit, die sie haben, und packen dabei auch “heiße Eisen” an: „Müssen Frauen im Islam Männer heiraten, auch wenn sie ihnen nicht gefallen?“ Islam-Expertin Amal Benchekroun verneint: „Wenn eine Frau nicht mit ihrem Partner einverstanden ist und eine Ehe mit ihm ablehnt, dann soll man das auch akzeptieren.“ Und auch zur Kopftuchfrage hat die Expertin eine differenzierte Antwort: „Ich habe keine Stelle im Koran gefunden, in der geschrieben steht, dass Frauen das unbedingt tragen müssen.“

Von „Amen“ zu „Amin“

Der evangelische Pfarrer Martin Stoelzel-Rhoden greift am Christentum-Tisch zur Bibel – aber nicht in deutscher Sprache, sondern auf Türkisch. „Die Bibel wurde in fast alle Sprachen der Welt übersetzt“, erklärt er. Die Kinder staunen. „In welcher Sprache wurde sie ursprünglich geschrieben?“, fragt er in die Runde. Die Tipps reichen von Englisch bis Chinesisch – die richtige Antwort, Hebräisch und Griechisch, überrascht viele. 

Am Tisch des Buddhismus wird es still. Hier versuchen die Schüler*innen zu meditieren. Das ist gar nicht so einfach, merken sie. Mal nehmen sie Gesprächsfetzen von anderen Tischen wahr, mal spüren sie die Temperatur im Raum oder es kribbelt im Zeh. „Das ist der ungezähmte Geist, der wie ein Äffchen herumspringt“, erklärt Expertin Friederike von Born-Fallois schmunzelnd. „Mit viel meditativer Übung lässt sich mit der Zeit dieser Geist beruhigen.“

Auf dem Tisch der Hindu-Experten stehen kleine Figuren, die die Blicke der Kinder auf sich ziehen. „Indem wir diese Figuren respektvoll behandeln und sie pflegen, zeigen wir unsere Liebe zu Gott“, erklärt Experte Bhishma Das. „Warum glauben Hindus eigentlich an so viele Götter?“ Bhishma Das antwortet: „Das kommt auf die Glaubensrichtung an. Wir als Vishnuiten glauben an einen Gott - Vishnu. Dieser Gott kann aber in unzähligen Körpern und Formen erscheinen.“

Religion in Szene gesetzt

Die Glocke erklingt zum letzten Mal und das Speeddating geht zu Ende. Die Schüler*innen haben viel erfahren. Vieles hat sie überrascht und so manches Klischee oder gar Vorurteil hat sich nicht bestätigt. Wenn die fünf Weltreligionen thematisiert werden, geht es oft um Unterschiede. Doch am Ende der Projektwoche „Was uns verbindet – fünf Weltreligionen in unseren Berliner Klassenzimmern“ steht für die Fünftklässler etwas anderes im Mittelpunkt: gemeinsame Werte wie Frieden, Respekt, Mitgefühl und Toleranz. Die Kinder entdecken, dass Glaube verbinden kann – über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg.

„Jetzt gilt es, alles zu sortieren und einzuordnen“, sagt Susanne von der Osten-Sacken aus dem pädagogischen Team. Denn zum großen Wochen-Finale werden die Kinder selbst zu Darsteller*innen: In Gruppenarbeit entwickeln sie unter Anleitung eines Theaterpädagogen sogenannte Tableaux Vivants – „lebende Bilder“. In stillen Szenen zeigen sie, was sie über Rituale, Symbole und Glaubensinhalte gelernt haben. Jede Gruppe friert dabei in einer Pose ein. „Das sind Momente, die möglichst viele Facetten des Glaubens zeigen“, berichtet von der Osten-Sacken: „bunt, lebendig und voller Geschichten.“

Über die Kampagne „Kinder beflügeln“

„Kinder beflügeln“ ist die Klammer für eine Vielzahl von Projekten, in denen Kinder aus Berlin und Brandenburg seit 2008 durch besondere Bildungserlebnisse gefördert werden. Die Kampagne erreicht Kinder im Grundschulalter an Berliner Brennpunktschulen, die aufgrund ihrer sozialen Situation Bildungschancen nicht nutzen können. „Kinder beflügeln“ ist die gemeinsame Bildungskampagne der Johannesstift Diakonie und der Stiftung Evangelisches Johannesstift.

Über die Johannesstift Diakonie Jugendhilfe

Die Johannesstift Diakonie Jugendhilfe gGmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Johannesstift Diakonie gAG mit stationären, teilstationären und ambulanten Angeboten der Hilfen zur Erziehung, Jugendsuchthilfe, Betreuungsangeboten für Mütter und ihre Kinder, der Kindertagesbetreuung, schulbezogener Sozialarbeit an Grund- und Oberschulen sowie Erziehungs- und Familienberatung. Sie beschäftigt circa 500 Mitarbeitende in Berlin, Neubrandenburg, den Landkreisen Oberhavel und Havelland sowie Eisenach.

Über die Johannesstift Diakonie

Die Johannesstift Diakonie gAG ist das größte konfessionelle Gesundheits- und Sozialunternehmen in der Region Berlin und Nordostdeutschland. Über 11.400 Mitarbeitende leisten moderne Medizin, zugewandte Betreuung und Beratung im Einklang mit den christlich-diakonischen Werten des Unternehmens. Der Träger betreibt Einrichtungen in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Niedersachsen mit einem vielfältigen Angebot in den Bereichen:

  • Krankenhäuser und ambulante Versorgungszentren
  • Pflege- und Wohneinrichtungen sowie Hospize
  • Behindertenhilfe
  • Kinder-, Jugend- und Familienhilfe
  • Arbeit, Beschäftigung und Soziales
  • Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie Ergotherapie
  • Dienstleistungen für Gesundheits- und Sozialeinrichtungen