Soziale Integration in Spandau-Wilhelmstadt fördern
Wie kann sozial vereinsamten Menschen mithilfe von Beschäftigungsmaßnahmen dauerhaft geholfen werden?
Diese Frage stellt sich das Bündnis hinter dem Projekt Wilinklusiv! um gleichzeitig
- lokale Beschäftigung zu fördern („Arbeitskräfte aus dem Kiez für den Kiez“),
- soziale Integration zu stärken
- und nachbarschaftliches Engagement zu beleben.
Die Kooperationspartnerschaft besteht aus der Johannesstift Diakonie Proclusio gGmbH, agens Arbeitsmarktservice GmbH, sozial-kulturelle Netzwerke casa e.V., Erzbistum Berlin sowie der Organisationseinheit Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination des Bezirksamtes Spandau (OE QPK).

Zur Einordnung: Wilinklusiv! ist ein BBWA LSI Entwicklungsprojekt. BBWA steht dabei für „Bezirkliches Bündnis für Wirtschaft und Arbeit“ und LSI für die Kombination Lokal-Sozial-Innovativ. Und genau das möchte auch Wilinklusiv! sein. Das Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union ESF+ und dem Land Berlin.
Projektlaufzeit ist der Zeitraum vom 01.10.2024 bis 31.03.2025.

Fallbeispiele
Er ist lokal engagiert, unterstützt einen Sportverein und besucht Unternehmer*innenforen. Trotz 12 bis 14-Stunden-Tagen belasten ihn Bürokratie und Fachkräftemangel zunehmend. Bereits sein Vater bot Jugendlichen mit Lernbehinderung Praktikumsplätze an. Offen für Mitarbeitende mit Teilhabebarrieren, fürchtet er den bürokratischen Aufwand und hat keine Zeit, sich mit Förderprogrammen zu beschäftigen. Er wünscht sich eine einfache Lösung, um inklusiv zu handeln, ohne seinen stressigen Arbeitsalltag zusätzlich zu belasten.
Ihre Symptome, starke Schmerzen und Erschöpfung beeinträchtigen ihre Arbeit zu unterschiedlichen Zeiten stark. Der Druck, ihre Beschwerden zu verheimlichen, führt zu Stress und häufigen Krankschreibungen. Im Zuge von KI-bedingten Stellenkürzungen verliert Sarah ihren Job.
Sie lebt seit drei Jahren in Spandau-Wilhelmstadt. Nach dem Integrationskurs spricht sie gut Deutsch, ist aber bei schriftlichen Aufgaben unsicher. Mit leichter kognitiver Beeinträchtigung bewältigt sie routinierte, strukturierte Tätigkeiten gut, benötigt aber bei komplexen Aufgaben klare Anweisungen und regelmäßige Pausen. Samira sucht eine Zuverdienstmöglichkeit, die ihren Fähigkeiten entspricht, um finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit zu erlangen.
Er wünscht sich mehr Anschluss, fühlt sich in Gruppen jedoch schnell überfordert und zieht sich oft zurück. Er liebt strukturierte Abläufe und bevorzugt ruhige Umgebungen, da hektische oder laute Situationen ihn überreizen. Obwohl er einsam ist, hat er Angst, in sozialen Interaktionen Fehler zu machen und wird dadurch eher zum Beobachter. Lukas hofft, in seiner Beschäftigungsmaßnahme in einem geschützten Umfeld berufliche Kompetenzen aufzubauen, soziale Kontakte langsam zu knüpfen und sein Selbstvertrauen zu stärken.
Er kam ursprünglich mit einem Touristenvisum nach Deutschland, blieb aber im Land, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Er arbeitet als Fahrradkurier für einen bekannten Essenslieferdienst. Allerdings ist er nicht direkt bei dem Unternehmen angestellt, sondern arbeitet für ein Subunternehmen. Somit werden ihm bei Krankheit oder Unfall Arbeitnehmendenrechte nur eingeschränkt zuteil. Asad teilt sich eine kleine Wohnung am Stadtrand mit drei anderen Landsleuten in einer ähnlichen Situation und fühlt sich zwischen den Welten und einsam.
Herausforderungen und Chancen
Die sogenannte Gig-Economy verändert den Arbeitsmarkt insbesondere im Bereich der Lieferdienste stark, was für intensive Debatten in verschiedene Richtungen sorgt. Dabei werden folgende Risiken benannt:
- oft geringer Verdienst und fehlende soziale Absicherung
- hohe Arbeitsbelastung und physische Anstrengung, besonders bei Lieferdiensten
- mangelnder Arbeitnehmerschutz und unsichere Beschäftigungsverhältnisse
- technologische Innovationen wie autonome Lieferfahrzeuge, die künftig Jobs verdrängen könnten
Auf der anderen Seite werden in den Debatten auch viele Chancen der kleinen bedeutungsvollen Aufgaben deutlich:
- sind angepasst an individuelle Fähigkeiten, Belastungsspitzen und Interessen
- fördern soziale Kontakte, Selbstwert und Selbstwirksamkeit ermöglichen einen niedrigschwelligen Einstieg, flexible Zeiteinteilung und kurze Wege
- machen Integration in und Teilhabe an der Gemeinschaft schrittweise wahrscheinlicher
Beteiligen Sie sich an der Analyse & dem Wirkungsworkshop
Wer Ideen hat, wie dieser Grundansatz umgesetzt werden kann, melde sich bitte und gestalte mit: Gemeinsam lassen sich so ein Netzwerk der Unterstützung aufbauen und für Menschen neue Perspektiven eröffnen.
Das Ziel ist ein an die Ressourcen und Bedarfe des Sozialraum angepasstes Modell, das
- verlässliche Beschäftigungsstrukturen schafft,
- nachhaltiges Engagement fördert und
- dienstleistungsorientiert arbeitet.
Mittelfristig geht es darum, alternative Betriebs- und Ertragsmodelle zu erproben, die
- perfekt auf Spandau zugeschnitten sind,
- die Bedürfnisse der Bewohner*innen berücksichtigen
- und die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen.
Unsere Arbeitshypothese: Mikro-Beschäftigungen als Schlüssel
Der Schlüssel zur Idee von Wilinklusiv! ist die Mikro-Beschäftigung. Hinter diesem allgemeinen Trend in der Arbeitswelt verbergen sich in der Regel kleine, aber bedeutungsvolle Aufgaben für Menschen. Der Gedanke ist, dass Mikro-Beschäftigungen im Fall Wilhelmstadt nicht nur den Unternehmen nutzen, sondern für die Beschäftigten auch Wege aus der sozialen Isolation schaffen.
Unser Projekt erforscht, ob Mikro-Beschäftigungen als innovatives Bindeglied zwischen Arbeitssuchenden und Unternehmen in Spandau genutzt werden können, um flexible und inklusive sowie für beide Seiten nützliche Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen.
An wen richtet sich das zu entwickelnde Modellprojekt?
Unterstützt werden Menschen, die
- einen Zuverdienst suchen,
- (langzeit-)arbeitslos sind und Barrieren bei der Teilhabe am Arbeitsleben erfahren,
- von Jobverlust oder persönlichen Schicksalsschlägen betroffen sind,
- aufgrund körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigungen Herausforderungen bei der Arbeitssuche haben,
- keine oder nur eine geringfügige Beschäftigung ausüben und
- von sozialer Isolation bedroht oder betroffen sind.
Das Ziel: Gemeinsam Wege aus der Einsamkeit finden und neue berufliche Perspektiven im direkten Lebensumfeld eröffnen.