Einmal echte Politikluft schnuppern und einer Bezirksbürgermeisterin auf den Zahn fühlen. Diese Gelegenheit nutzen zehn Schüler*innen der vierten Klasse der Gottfried-Röhl-Grundschule im Wedding und konfrontieren die Bezirksbürgermeisterin mit Fragen zu einer großen Vielfalt von Themen. Sie sitzen im gleichen Sitzungssaal, in dem die Bezirksstadträte und -rätinnen regelmäßig zusammenkommen. „Hier beschäftigen wir uns damit, wie wir alle zusammenleben und welche Regeln wir dafür brauchen. Und wie diese Regeln immer wieder angepasst werden, wenn etwas nicht gut funktioniert.“ So erklärt Remlinger die Frage nach Politik, der Entstehung von Gesetzen und ihren Aufgaben als frisch wiedergewählte Bezirksbürgermeisterin von Mitte.
Du bist jetzt Russland und ich Amerika
Es ist auffällig, dass sich die Kinder intensiv mit dem Eroberungsangriff Russlands auf die Ukraine beschäftigen. Nada fragte: „Kennen Sie Putin?“ Und: „Warum schießt der denn die Leute ab? Das macht doch gar keinen Sinn“, wollte Ayda von ihr wissen. Nein, Stefanie Remlinger ist Putin noch nicht begegnet und kennt ihn wie die meisten nur aus den Medien. Und wie beantwortet sie die Frage nach Sinn und Unsinn von Kriegen? „Krieg ist nicht immer logisch. Ich glaube, das Schlimmste, was es gibt, ist Hass. Hass und den Wunsch, andere vernichten zu wollen.”
Dabei gelingt es ihr, die Vorgänge in der großen Politik mit kindlichen Erfahrungen zu erklären. „Habt Ihr manchmal Streit untereinander?” Sie sprechen darüber, was sowohl Kinder als auch Länder aus Angst und Machtwillen bereit sind zu tun. Zum Beispiel, sich zu bewaffnen, um stärker zu sein. „Stellt euch vor, du bist jetzt Amerika und ich bin jetzt Russland. Dann schaust du mich an und denkst, ich bin größer und stärker als du. Dann suchst du dir Freunde, die dir helfen.” So erklärt sie auch die Frage nach der Entstehung von Weltkriegen.
Es grünt so grün das Bio-Graffiti
Die diesjährige Staffel der KulturPiloten von der Bildungskampagne „Kinder beflügeln” beschäftigt sich mit grünen Oasen. Was liegt also näher, als sich an eine grüne Politikerin zu wenden? Remlingers Lieblingsfarben waren tatsächlich immer grün und rot. Und die Frage, ob sie schon mal ein grünes Getränk getrunken hat, kann sie privat und parteikonform beantworten: „Meine grüne Partei macht sogar jedes Jahr am Tag des Mauerfalls einen grünen Glühwein. Und ich trinke viele selbstgemachte Kräutertees. Die sind auch grün.”
Die Schüler*innen haben neben vielen Fragen auch eine Menge zu berichten. Sie erzählen von grünen Oasen am Schäfersee, im Schillerpark und im Tiergarten. Der Austausch ist für beide Seiten lehrreich. Stefanie Remlinger erfährt, dass die Kids ein Bio-Graffiti mit einer „Pampe“ aus Moos, Joghurt und Wasser hergestellt haben, das gut an schattigen Mauern wächst. Und die Kinder hören erstmals von Gartenarbeitsschulen, in denen sie selbst Hochbeete anlegen und eine Menge lernen können, zum Thema Natur und Biodiversität.
Burger- oder Bürgermeisterin
Als Furkan und Laura fragen, ob sie einen Burger für Mitte herausbringen würde, kommt Verwirrung auf. Bürger? Burger? Ach so. Tatsächlich meinten dir beiden das beliebte Fastfoodgericht und es entsteht die Idee, einen Bürgermeisterinnenburger zu entwickeln. Fraglich ist, ob Remlinger dafür Zeit bleibt, denn auf die Frage, wie es ist, Bürgermeisterin zu sein, erzählt sie, dass es sehr schön und auch sehr anstrengend sei. „Man kann das nur machen, wenn man Menschen mag, weil sich ganz viele Menschen beschweren oder Probleme haben. Das muss man aushalten und versuchen, eine Lösung zu finden.“ Aaliyah könnte sich gut vorstellen, später Politikerin zu werden. Sie findet es toll, „dass man Bäume geschenkt bekommt, oder die schöne Natur draußen sehen kann.“ Ein kleiner Teil der Arbeit einer Bezirksbürgermeisterin.
Die Kinder waren begeistert von ihrer Zeit im Rathaus Tiergarten. Aaliyah freut sich „dass ich jetzt mehr gelernt habe, was in Mitte so passiert und wie sich das anfühlt. Ich hab noch nie ein Rathaus gesehen. Das fand ich auch spannend.“ Und Jeta meint: „Der Termin war toll. Ich hab mich schon sehr lange für Politik interessiert und heute noch mehr darüber gelernt. Das hat Spaß gemacht.“
Bildungserlebnisse mit den KulturPiloten
Das Ziel der KulturPiloten, Kindern aus sogenannten „Brennpunktgrundschulen“ besondere Bildungs- und Kulturerlebnisse zu bieten, wurde hier in großer Bandbreite erreicht. Vor allem haben die Schüler*innen erfahren, dass sie mit ihren Fragen und Ideen aktiver Teil einer Gesellschaft sein können und den Kontakt zu Politiker*innen nicht scheuen brauchen. Stefanie Remlinger freute sich sehr über die unverfälschte Haltung der Kinder: „Kinder kriegen alles mit und es ist herausfordernd, Dinge verständlich zu erklären. Aber mir ist es immer wichtig, mit Kindern zu sprechen.“
Quelle: wirkhaus.berlin