Mit dem Streichholzschachtel-Tagebuch im Gepäck besuchte Jessica Ginkel zum Vorlesetag 2022 die Klasse 4a der Spandauer Grundschule. Sie folgt der Einladung der Bildungskampagne „Kinder beflügeln“ der Johannesstift Diakonie.
Die Augenpaare von 20 Kindern haften an dem prominenten Gast im Lesesessel. Die Viertklässler*innen kauern gemütlich auf Sitzkissen am Boden und lauschen gespannt der Geschichte. Die reine Lesezeit des Bilderbuches beträgt nicht mehr als eine Viertelstunde. Aber beim Vorlesen geschieht bestenfalls viel mehr. Gemeinsam schauen sich alle die liebevoll gestalteten Bilder an, Fragen werden gestellt und beantwortet und es entfaltet sich eine Atmosphäre, die alle im Raum für diese Zeit innig verbindet.
Ein Tagebuch in Streichholzschachteln
Das Bilderbuch von Paul Fleischmann und Bagram Ibatoulline, das Jessica Ginkel vorliest, erzählt von einer italienischen Familie, die aus einer Notsituation ihr Heimatland verlassen muss und nach Amerika auswandert. Der Protagonist, der Urgroßvater, hat schon als Kind Armut, Ausgrenzung und Entwurzelung erlebt. Um schmerzhafte und auch schöne Erfahrungen nicht zu vergessen, sammelte er kleine Gegenstände in Streichholzschachteln: zum Beispiel eine Makkaroni, einen krummen Kronenkorken oder einen ausgeschlagenen Zahn. Ein Olivenkern erinnert ihn an den Hunger, der ihn in seiner Kindheit in Italien begleitet hatte. Auf diese Weise führt er Tagebuch, ohne lesen und schreiben zu können. Diese Schachtelsammlung zeigt er seiner Urenkelin und erzählt ihr anhand der Erinnerungsstützen von seinem Leben.
Jessica Ginkel kannte das Buch zuvor nicht und ist begeistert: „Das Buch lädt ein, sich über die Geschichte zu unterhalten.“ Und tatsächlich entsteht ein reger Austausch über die Kindheitserlebnisse des Hauptdarstellers. Es scheint, als könnten die Schüler*innen manche dieser Erfahrungen teilen. Darüber hinaus erzählen die Kinder, wie sie Erinnerungen festhalten. Und die Kreativität werde auch angeregt, so Ginkel: „Mir kamen gleich viele Ideen in den Sinn. Zum Beispiel könnte die Klasse ein Streichholzschachtel-Tagebuch von einem bestimmten Tag gemeinsam gestalten.“
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Im Anschluss an die Lesung haben die Kinder die Chance, Fragen an Jessica Ginkel zu stellen. Ob sie viel Geld verdiene, wird sie gefragt. Und wo sie zu sehen sei. Hier und da wird geflüstert: „Wow, die war mal bei Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“ Doch Jessica Ginkel löst lächelnd auf: Das ist schon so lange her. Da wart ihr noch gar nicht auf der Welt.“ Trotzdem sind alle beeindruckt. Und nicht nur, weil sie eine echte Schauspielerin in der Schule zu Gast haben. Auch Ginkels zugewandte Haltung stellt von der ersten Minute an „einen Draht“ zu den Kindern her.
Auch Ginkel genießt ihren Besuch in der Schule: „Das war eine ganz schöne Erfahrung, hier zu sein und mit der Klasse dieses Buch zu lesen. Ein gutes Vorlesen braucht auch gute Zuhörer und das waren sie. Die Kinder waren sehr, sehr aufmerksam und haben auf Zwischenfragen toll reagiert. Und sie haben sich mitnehmen lassen.“ Zum Ende des Vormittags dürfen die Kinder ihrer Kreativität freien Lauf lassen und gestalten ihre eigenen Streichholzschachteln. Sie werden bunt bemalt und gestaltet. Und natürlich darf bei so prominentem Besuch eines nicht fehlen: ein Autogramm der Schauspielerin. Und wo sie schon dabei sind, sammeln sie Unterschriften von allen anwesenden Erwachsenen, ob berühmt oder nicht.
Bundesweiter Vorlesetag
Der Bundesweite Vorlesetag ist Deutschlands größtes Vorlesefest, das seit 2004 jedes Jahr am dritten Freitag im November stattfindet. Auf gemeinsame Initiative von DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung wird als öffentliches Zeichen in vielen Veranstaltungen für Erwachsene und Kinder verdeutlicht, wie wichtig das Vorlesen ist.
Jessica Ginkel ist davon überzeugt, dass sich durch Vorlesen und Lesen neue Welten erschließen lassen. „Du kannst deine Fantasie spielen lassen. Und du kannst dich in Gefühlslagen anderer Menschen, in deren Sichtweisen hineinversetzen.“ Und das Vorlesen führe schließlich auch zum Selberlesen und helfe, den Spaß daran zu wecken. „Lesen ist ein ganz wichtiger Schlüssel, um sich zu bilden und letztendlich auch einen guten Start ins Berufsleben zu haben.“
Ginkels Verbindung zur Johannesstift Diakonie im Allgemeinen und zur Bildungskampagne „Kinder beflügeln“ im Besonderen besteht bereits seit vielen Jahren. Wann immer sie Zeit findet, unterstützt sie die spendenfinanzierten Projekte, weil ihr die Bildung von Kindern am Herzen liegt.
Über die Kampagne „Kinder beflügeln“
„Kinder beflügeln“ ist die Klammer für eine Vielzahl von Projekten, in denen Kinder aus Berlin und Brandenburg seit 2008 durch besondere Bildungserlebnisse gefördert werden. Die Kampagne erreicht Kinder im Grundschulalter an Berliner Brennpunktschulen, die aufgrund ihrer sozialen Situation Bildungschancen nicht nutzen können. „Kinder beflügeln“ ist die gemeinsame Bildungskampagne der Johannesstift Diakonie und der Stiftung Evangelisches Johannesstift.
Über die Johannesstift Diakonie
Die Johannesstift Diakonie gAG ist das größte konfessionelle Gesundheits- und Sozialunternehmen in der Region Berlin und Nordostdeutschland. Über 10.400 Mitarbeitende leisten moderne Medizin, zugewandte Betreuung und Beratung im Einklang mit den christlich-diakonischen Werten des Unternehmens. Der Träger betreibt Einrichtungen in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Niedersachsen mit einem vielfältigen Angebot in den Bereichen:
- Krankenhäuser und ambulante Versorgungszentren
- Pflege- und Wohneinrichtungen sowie Hospize
- Behindertenhilfe
- Kinder-, Jugend- und Familienhilfe
- Arbeit, Beschäftigung und Soziales
- Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie Ergotherapie
- Dienstleistungen für Gesundheits- und Sozialeinrichtungen