Selbstständig zu atmen ist für die meisten von uns selbstverständlich. Durch Unfälle oder Krankheiten wie Covid oder chronische Muskelerkrankungen kann eine Beatmung durch eine Maschine notwendig und lebensrettend werden. Luft wird über einen Schlauch in die Lunge gepumpt und wieder abgesaugt. Ist das Beatmen jedoch zu lange notwendig, ist die Muskulatur zum eigenständigen Atmen zu schwach geworden. Beim Weaning gewöhnt sich der Körper schrittweise wieder an das eigenständige Atmen.
Atmen neu lernen
Im Weaningzentrum der Klinik Amsee arbeiten Lungenfachärzte und Pflegekräfte eng mit Psycholog*innen, Logopäd*innen, Atemtherapeut*innen, Physiotherapeut*innen und Ergotherapeut*innen zusammen. Die Patient*in steht im Mittelpunkt der Behandlung, bei der wieder viel neu gelernt und trainiert werden muss. Nicht nur das Atmen sondern auch das Sprechen, Schlucken sowie Bewegungen müssen neu gelernt werden. „Die Fortschritte sind bei diesen Patienten nur langsam zu sehen. Das gesamte medizinische Team und der Patient brauchen viel Geduld. Das kann Wochen und Monate dauern.“ sagt der Chefarzt des Weaningzentrums Christoph Schäper. Während des Entwöhnungsprozesses überprüft das medizinische Personal viele Werte der Patient*innen immer wieder bis in ca. der Hälfte der Fälle das Atmen wieder eigenständig funktioniert.
Auch Hoffnung für langjährig Beatmete
Abhängig von Vorerkrankungen und der Dauer der künstlichen Beatmung schafft nur etwa die Hälfte der Patient*innen das eigenständige Atmen wieder zu erlernen. Diese Patient*innen werden dann im Rahmen der Beatmungspflege zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen auf unbestimmte Zeit beatmet. Auch wenn die Entwöhnung beim ersten Versuch nicht geklappt hat, kann ein wiederholter Versuch erfolgreich sein. Der Zentrumsleiter Oberarzt Jan Stövesand meint: „Wir hatten schon Patienten, die nach einigen Jahren nochmal zu uns kamen und bei denen beim zweiten Versuch die Entwöhnung erfolgreich war.“
Nur zwei Weaningzentren in Mecklenburg-Vorpommern
Neben der Universitätsklinik Greifswald ist nun die Klinik Amsee seit dem 8. Februar 2024 das zweite in Mecklenburg-Vorpommern anerkannte Weaningzentrum. Durch die Fortschritte der Intensivmedizin in den letzten Jahren und die immer älter werdende Bevölkerung werden Weaningzentren wichtiger. „Durch die Kooperation mit einem bundesweiten Kompetenznetzwerk WeanNet können wir unseren Patienten eine hohe Behandlungsqualität und regionale Versorgung gewährleisten.“ freut sich der Geschäftsführer Martin Grenz. „In der Klinik Amsee gibt es keinen Stillstand, wir sehen die Zertifizierung als Prozess der Anerkennung unserer Expertise und Aufgabe zugleich ist“ so die Pflegedienstleiterin Margitta Cleemann.
Ziel der Zertifizierung von Weaningzentren durch die DGP ist es, durch festgelegte Strukturen und Prozesse die Versorgungsqualität und das Therapieergebnis bei beatmeten Intensivpatienten zu verbessern. Diese wurden im Rahmen eines umfassenden Zertifizierungsprozesses geprüft. In Deutschland gibt es nur etwa 60 Krankenhäuser, die diesen Standard erfüllen.